„Jeder nennt das barbarisch, was nicht seiner Gewohnheit entspricht. (…) Wir können sie also wohl Barbaren nennen, gemessen an den Regeln der Vernunft, aber nicht gemessen an uns selbst, die wir sie in jeder Art von Barbarei übertreffen.“
Michel de Montaigne (1533–1592), Essais, I, 31
Das COLLECTIF BARBARE wurde 2006 von Astride Schlaefli gegründet, nachdem die Musikerin, Komponistin und Regisseurin den zweiten Preis des PREMIO-Wettbewerbs gewonnen hatte.
Das COLLECTIF BARBARE besteht aus professionellen Musikerinnen, Performerinnen und multimedialen Künstler*innen aus der Schweiz, Deutschland, Ungarn und Frankreich. Künstlerische Leiterin des Collectifs ist Astride Schlaefli.
Das COLLECTIF BARBARE versteht sich als ein flexibles Ensemble, das in seinen Projekten die Begriffe Neues Musiktheater, Performance und Installation hinterfragt. Die Projekte finden sowohl in Innenräumen als auch im Außenraum statt und wurden in der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Ungarn, der Türkei, Armenien, den USA und Argentinien präsentiert.
Ein Teil dieser Projekte ist partizipativ und fördert die intergenerationelle und kulturelle Durchmischung. Sie bringen Senior*innen, Jugendliche, unbegleitete minderjährige Asylsuchende und Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen auf Augenhöhe zusammen und ermöglichen eine gleichberechtigte Teilnahme.
Die Projekte des COLLECTIF BARBARE sind von Musik, Klang und Poesie geprägt und schaffen Raum für Humor sowie für eigensinnige Bilder und Situationen. Dies gilt insbesondere für sozial oder politisch geprägte Projekte wie LES ENFANTS DE BARBARIE (über die Verfolgung der Jenischen in der Schweiz, 2008) oder LES PARADIS BARBARES (2009). Zudem entstanden in Zusammenarbeit mit unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden die Projekte WINTERREISE (2019) und L’INVITATION (2023–2024).
Darüber hinaus setzte sich DAS GROSSE HEFT (2017–2022) mit der Kindheit im Krieg auseinander, während DER HIMMEL BRENNT (2023) eine feministische Perspektive auf den Krieg – insbesondere mit Blick auf den Krieg in der Ukraine – eröffnete. WIE DIE FLIEGEN (2025) befasst sich mit dem Thema Femizid.
Astride Schlaefli kombiniert häufig live gespielte Musik mit vorproduziertem Klang- und Videomaterial. Ihre Vorliebe für technisch anspruchsvolle und radikale Konzepte zeigt sich besonders in Produktionen wie REVOX – A TALE OF PHANTOMS (2019–2022) und DER KRIEG MIT DEN MOLCHEN (2023), die beide mit 3D-Audio und automatisierten Objekten ohne Live-Performer realisiert wurden.
Auch frühere Werke spiegeln diesen experimentellen Ansatz wider: CRESCENDO (Komposition für 47 Klaviere, 2005), PIANISTE (Solo für eine Pianistin ohne Klavier, 2012) oder KONZERTEN (mit 55 Rekruten des Armeespiels Aarau, 2018). Ein weiteres Beispiel ist WINTERREISE (2019), das in der unbeheizten und eisigen Alten Reithalle in Aarau im Februar zur Aufführung kam und die physischen Bedingungen als integralen Bestandteil der Inszenierung nutzte.
Astride Schlaefli arbeitet auch gerne ortsspezifisch und entwickelt Projekte, die sich unmittelbar mit ihrem Aufführungsort auseinandersetzen. Beispiele dafür sind NACHTREISE (2016), eine Inszenierung im Garten und Keller des Theaters Winkelwiese in Zürich, oder SITCOM (2012), eine sechsteilige Performance im Stil einer Reality-TV-Serie, die im öffentlichen Raum stattfand.
Ein weiteres Beispiel ist HAPPY FOREVER (2021), eine Installation im Keller des PALAZZO WYLER. Sie bestand aus authentischen, zurückgelassenen Gegenständen ehemaliger Bewohner*innen des Mehrfamilienhauses. Die Liegenschaft wurde im Anschluss an die Ausstellung aufgrund von Asbestbelastung abgerissen, wodurch das Projekt eine unerwartet endgültige Dimension erhielt.
Künstlerische Vision
Im Zentrum der Arbeiten des COLLECTIF BARBARE steht die Musik und die Erforschung der condition humaine. Jedes Projekt beschäftigt sich mit Fragen zur Funktion und Wirkung der vom Menschen geschaffenen Gesellschaft. Wie ist ihre Qualität? Wie stark beeinflussen Gesellschaft und ihre Codes das Individuum? Unter welchen Umständen entsteht Gewalt? Was bedeutet zivilisiert, und wer entscheidet darüber?
Das COLLECTIF BARBARE hat es sich zum Ziel gesetzt, Begriffe wie Vernunft, Zivilisation oder Moral mit künstlerischen Mitteln zu hinterfragen. Die Projekte sollen Raum für poetische, präzise oder verfremdete Bilder schaffen. COLLECTIF BARBARE entwickelt Werke, die das Publikum emotional direkt ansprechen – sie halten den Zuschauer*innen einen Spiegel vor, in dem sie sich selbst immer wieder neu erkennen können.
collectif barbare
Astride Schlaefli
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